Trauer um Reinhard Florian

Mit Reinhard Florian verliert der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma einen Menschen, der nach der Erfahrung des Holocaust über Jahrzehnte hinweg Zeugnis von seinem Leidensweg abgelegt hat und öffentlich an die Nazi-Barbarei erinnerte. Reinhard Florian hat auch im Namen des Zentralrates seine Stimme erhoben, wann immer es ihm nötig erschien. Er lebte beispielhaft vor, dass Erinnerung an die Verbrechen der Nazis auch Verpflichtung für die Gegenwart bedeutet.

Feierliche Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas im Großen Tiergarten gegenüber dem Reichstag. V.l.n.r: Dani Karavan, Künstler und Architekt des Mahnmals, Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident a.D. Richard von Weizsäcker, Reinhard Florian (mit Hut), Holocaust-Überlebender, dahinter Zoni Weisz, Holocaust-Überlebender, ein weiterer Überlebender (vorn rechts).
Reinhard Florian mit Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Einweihung des Mahnmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas am 23. Oktober 2012 in Berlin. (Foto: Jens Jeske)

„Wir Überlebenden sind nicht mehr die Menschen, die wir einmal waren“, schrieb Reinhard Florian über sein Leben.

„Wir versuchen uns der heutigen Zeit anzupassen, aber die grausame Vergangenheit lebt in uns weiter. Man kann sie nicht ablegen wie ein schmutziges Hemd. Es gibt Erlebnisse und Erinnerungen an jene Zeit, die man nie wieder loswird. Sie verfolgen uns bis in unsere nächtlichen Träume. Durch das Leid, das wir ertragen mußten, sind wir zu Gefangenen unserer Erinnerung geworden. Noch immer sind wir darüber beschämt, ein Mensch zu sein.“

Reinhard Florian wurde in das Konzentrationslager Mauthausen verschleppt. „Alle Lagerinsassen waren zur Vernichtung bestimmt. Wir sollten uns zu Tode arbeiten und zu Tode hungern. Die tägliche Grausamkeit in den Konzentrationslagern kann kein Dokument und keine Statistik wiedergeben. Was ein Mensch hier innerlich durchmachen mußte, davon weiß kein Historiker. Nur wir, die Überlebenden dieser Menschenvernichtung, wissen, was all die Opfer bis zu ihrem Tod erdulden mußten“, berichtete Reinhard Florian über seine Zeit im Lager Mauthausen. 1943 wurde er nach Auschwitz-Birkenau transportiert und mußte in Monowitz Zwangsarbeit für die IG-Farben leisten. Anfang 1945 wurde er wieder in mehrere Nebenlager von Mauthausen deportiert.

Reinhard Florian schrieb seine Lebensgeschichte in dem Buch „Ich wollte nach Hause, nach Ostpreußen! Das Überleben eines deutschen Sinto“ nieder, das zur Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas in der Schriftenreihe der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ erschien.