Leitbild des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma

Luftbild des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg. Das Gebäude befindet sich auf einem spitz zum Betrachter zulaufenden Gelände. Rechts sind Gebäudeblocks in den Gassen der Heidelberger Altstadt zu sehen, links und im Hintergrund sind einzelne freistehende Gebäude zu sehen.
Das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma im Herzen der Heidelberger Altstadt

Leitbild und Entstehung

Unser Leitbild ging in seiner heutigen Form aus mehr als 45 Jahren erfolgreicher Bürgerrechtsarbeit hervor. Viele Angehörige unserer Minderheit kämpften im Deutschland der Nachkriegszeit für die Anerkennung ihrer Bürgerrechte und der NS-Verbrechen an Sinti und Roma. Dieser Einsatz war eine große Herausforderung für die junge Bundesrepublik und trug letztlich dazu bei, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland zu festigen.

Aus der Bürgerrechtsarbeit gingen zahlreiche Landesverbände sowie der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma als Dachverband und politische Interessenvertretung hervor. Schließlich erkannte die Bundesrepublik 1995 Sinti und Roma als nationale Minderheit an. Dieser wichtige Schritt ebnete den Weg zum Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma, das bereits zwei Jahre später eröffnet werden konnte – ein weiterer Meilenstein für die staatliche und gesellschaftliche Anerkennung unserer Minderheit.

Viele Überlebende der NS-Verfolgung haben seither unser Zentrum aufgesucht. Mit ihren Berichten und lebensgeschichtlichen Erzählungen haben sie Zeugnis abgelegt über die Verbrechen an unserer Minderheit in der Zeit des Nationalsozialismus. Wir präsentieren ihre Biografien in unserer Dauerausstellung und setzen uns dafür ein, dass diese spezifische Erfahrungsgeschichte von NS-Opfern in der deutschen Erinnerungskultur verankert bleibt.

Doppelte Perspektive

Unser Leitbild zeichnet sich durch eine doppelte Perspektive aus. Es galt und gilt in Zusammenarbeit mit dem Zentralrat und den Landesverbänden, den Emanzipationsprozess unserer nationalen Minderheit und den selbstbewussten Umgang der Angehörigen mit der eigenen Sprache, Kultur und Identität weiter zu stärken. Zugleich ist das Dokumentations- und Kulturzentrum eine wissenschaftliche Facheinrichtung. Erforscht und dokumentiert werden die 600-jährige (Kultur-)geschichte der Sinti und Roma. Darüber hinaus engagieren wir uns in der politischen Bildungsarbeit gegen Antiziganismus sowie für zeitgenössische Kunst- und Kulturprojekte.

Beide Perspektiven verbinden sich im gesellschaftlichen Dialog zwischen Minderheit und Mehrheitsgesellschaft. Zusätzlich bieten wir Beratungsleistungen an und unterstützen das Bildungsbestreben junger Sinti und Roma, um die gleichberechtigte Teilhabe von Sinti und Roma in der Gesellschaft zu stärken und das Empowerment der Minderheit zu unterstützen.

Vergangenheit und Zukunft

Unsere Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist Teil eines gesellschaftlichen Verständigungsprozesses über die eigene Geschichte und Identität. Durch Dokumentation und Vermittlung der Kultur und Geschichte der Sinti und Roma in Deutschland und Europa machen wir die kulturelle Pluralität unserer Gesellschaft sichtbar und fördern Offenheit für vielfältige Lebensformen. Wir regen zu kritischer Reflexion und Diskussion an und stärken so das Bewusstsein für verantwortungsvolle Teilhabe in unserer Demokratie.

Portraitaufnahme von Romani Rose zwischen zwei Bücherregalen in der Bibliothek des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma

„Die Bürgerrechtsarbeit des Zentralrates und seiner Mitgliedsverbände hat vieles erreicht, die Anerkennung des Völkermordes, die Durchsetzung von Entschädigungen für die Opfer, die Beendigung von Sondererfassung und Diskriminierungen durch staatliche Behörden. Es gibt jedoch keinen Grund, in der Wachsamkeit gegenüber gewaltbereitem Rassismus und Diskriminierung nachzulassen. Die Bürgerrechtsarbeit ist notwendiger denn je.“

– Romani Rose
Das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma