Die Präsidentin des Bundesgerichtshofs (BGH) Bettina Limperg besuchte am 12. März 2015 den Zentralrat und das Dokumentationszentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg. Gegenstand des ausführlichen Gesprächs mit dem Vorsitzenden des Zentralrats, Romani Rose, war insbesondere die frühere diskriminierende Rechtsprechung des BGH gegenüber Sinti und Roma.
So fällten am 7. Januar 1956 die Richter des Bundesgerichtshofs ein Grundsatzurteil zur Ablehnung der Entschädigung von NS-verfolgten Sinti und Roma. Dort stellte der BGH fest, die „Zigeuner“ seien von den Nationalsozialisten zu Recht als „artfremd“ behandelt worden. Er verwies dazu auf Kommentarliteratur aus der NS-Zeit. Weiter führte der BGH aus: „Sie [die Zigeuner] neigen, wie die Erfahrung zeigt, zur Kriminalität, besonders zu Diebstählen und Betrügereien, es fehlen ihnen vielfach die sittlichen Antriebe der Achtung von fremdem Eigentum, weil ihnen wie primitiven Urmenschen ein ungehemmter Okkupationstrieb zu eigen ist.“ (BGH IV ZR 211/55 S. 8 und 9 in RZW 56; 113, Nr. 27)
Diese Rechtsprechung prägte über viele Jahre das gesamte Entschädigungsrecht für die Überlebenden der Sinti und Roma und wurde zur Niederschlagung von Strafverfahren gegen die SS-Täter herangezogen. Der BGH erkannte zwar im Jahre 1963 in Abänderung des Urteils von 1956 den Entschädigungsanspruch an, distanzierte sich aber nicht von der rassistischen Charakterisierung der Minderheit.
Präsidentin Limperg sagte in dem Gespräch mit dem Zentralrat, es handele sich um eine „unvertretbare Rechtsprechung“, die man auch „nicht schönreden will“ und für die „man sich nur schämen könne“. Rose und die BGH-Präsidentin vereinbarten eine weitere Aufarbeitung dieser Rechtsprechung und ihrer Folgen u.a. mit einer gemeinsamen Veranstaltung, die gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Vertretern der Wissenschaft zeitnah geplant werden soll.