Am 20. und 21. Juni 2015 fand im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma das zweite Bildungstreffen der Sinti und Roma statt, das jungen Angehörigen der Minderheit die Möglichkeit bot, sich über die Möglichkeiten der Unterstützung im Bildungswesen zu informieren und sich zu vernetzen.
Der Leiter des Bildungsreferats im Dokumentationszentrum, Reinhold Lagrene, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass so viele junge Menschen aus der Minderheit gekommen seien. „Die Jugend und die Bildung“, so Lagrene weiter, „sind die Zukunft unserer Minderheit“.
Der erste Tag des Bildungstreffens war dem Informationsaustauschs gewidmet. Zunächst stellten die Vertreter und Vertreterinnen fünf stipendiengebender Stiftungen ihre Einrichtungen vor: die Heinrich-Böll-Stiftung, die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Hans-Böckler- und die Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie die Studienstiftung des deutschen Volkes hatten MitarbeiterInnen und BotschafterInnen zu diesem Anlass nach Heidelberg geschickt.
Nach der Vorstellung der Stipendienwerke stellten sich ihrerseits die jungen Sinti und Roma vor. Laura Brinker aus Bremen moderierte die Präsentation, an der Julie Georg, Marvin Joa und Pia Reinhardt teilnahmen. Die verschiedenen Projekte und Projektideen der vier und ihr bisheriges gesellschaftliches Engagement erhielten viel Beifall. In der Runde wurde deutlich, wie wichtig die Aufgeschlossenheit der Eltern für die Bildungswege ihrer Kinder ist. Ebenso kam zur Sprache, dass aufgrund historischer Erfahrungen auch heute noch Ängste in den Familien vor staatlichen Institutionen, auch der Schule, existieren. Die Erfahrungen, dass die Nationalsozialisten Kinder der Minderheit direkt von der Schule abholten und nach Auschwitz deportierten, die Leugnung der Verbrechen an den Sinti und Roma in den ersten Jahrzehnten der neuen Bundesrepublik und die damit verbundene mangelnde Aufarbeitung seitens der Mehrheitsgesellschaft hinterlassen bis heute ihre Spuren. Die Verantwortung der Regierung gegenüber den ehemaligen Opfern erlittenen Unrechts unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten war auch das Thema einer kurzen Einführung von Prof. Horst Rolly zu Beginn der Veranstaltung. Schon in der Mittagspause wurde über Studium, Finanzierung und Perspektiven, sowie ganz individuellen Fragestellungen diskutiert. Die Gespräche wurden nach der Pause an den runden Tischen intensiv fortgesetzt.
Prof. Scherr aus Freiburg, der mit seiner Mitarbeiterin Lena Sachs eine Untersuchung über positive Bildungskarrieren von Sinti und Roma durchführt, und Prof. Rolly aus Berlin, der in Ingolstadt und Bremerhaven ein Projekt mit partizipativem Arbeitsansatz begleitet, gaben über den Stand dieser beiden Studien Auskunft.
Zum Abschluss des Abends gab das Gitarrenduo Armani Lehmann und Sascha Reinhardt ein Konzert.
Der Sonntag war den Vorauswahlgesprächen mit den Bewerbern und Bewerberinnen um ein Stipendium vorbehalten.