Die sogenannten Maideportationen der Sinti und Roma 1940 jähren sich zum achtzigsten Mal. Am 16. Mai 1940 wurden ca. 2500 Sinti und Roma verhaftet und wenige Tage später in das damalige „Generalgouvernement“ im besetzten Polen deportiert. Nur wenige erlebten das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft. Den 80. Jahrestag dieser Deportationen begehen Landesverbände, Vereine und Initiativen mit Online-Gedenkveranstaltungen.
Die „Maideportationen“ bedeuteten einen Einschnitt in der Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma, der sich tief in das kollektive Gedächtnis der Minderheit eingegraben hat. Obwohl es sich um eine der ersten größeren Deportationen durch die Nationalsozialisten handelte, die den Machthabern als Blaupause für die späteren Massendeportationen diente, ist dieses Ereignis heute kaum im historischen Bewusstsein der Gesellschaft präsent.
Daneben tritt heute ein zunehmender Antiziganismus, der sich nicht nur in Hass und Hetze im Internet Bahn bricht, sondern auch in Angriffen auf Sinti und Roma gipfelt, zum Beispiel bei dem rechtsterroristischen Anschlag von Hanau am 19. Februar 2020. Aus diesem Grund erhält das Erinnern und Gedenken an die im Nationalsozialismus in Europa Ermordeten und ihre Verfolgung eine nochmals verstärkte Bedeutung.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Covid-19-Pandemie ist ein Gedenken wie in den vergangenen Jahren nicht möglich. Daher haben sich verschiedene Landesverbände des Zentralrats der Deutschen Sinti und Roma, Vereine und zivilgesellschaftliche Initiativen zu einer Verlagerung des Gedenkens ins Digitale entschlossen.
Unter folgenden Internetadressen finden Sie die verschiedenen Angebote:
Gedenkveranstaltung mit Diskussion des Landesverbands Baden-Württemberg:
https://www.sinti-roma.com/generalprobe-zum-voelkermord-virtuellegedenkveranstaltung-
am-16-mai-um-17-uhr/
Gedenkveranstaltungen des Landesverbands Rheinland-Pfalz:
http://vdsr-rlp.de/rheinland-pfaelzischer-landesverband-der-sinti-und-romagedenkt-
mit-kranzniederlegungen-der-ersten-deportation-ganzer-sinti-familienam-
16-mai-1940/
Gedenkveranstaltung mit Diskussion und Theatervorführung von Rom e.V.:
https://www.romev.de/?p=3472
Seitens des Dokumentationszentrums wird es Ende des Monats einen digitalen Stadtrundgang durch Heidelberg mit der Bürgerrechtlerin Ilona Lagrene zur Geschichte der Heidelberger Sinti und ihrer Deportation im Mai 1940 geben.
Historischer Hintergrund:
Am 21. September 1939 beschloss eine Konferenz der SS unter der Leitung von Reinhard Heydrich die Deportation aller 30.000 Sinti und Roma aus dem Gebiet des damaligen „Deutschen Reiches“ in das besetzte Polen. Als vorbereitende Maßnahme erließ Himmler am 17. Oktober 1939 einen „Festschreibungserlass“: Man verbot Sinti und Roma unter Androhung von KZ-Haft, ihren jeweiligen Aufenthaltsort zu verlassen.
Ein halbes Jahr später, am 27. April 1940, ordnete Heinrich Himmler die Deportation von 2500 Sinti und Roma in das „Generalgouvernement“ im besetzten Polen an. In Hamburg, Köln und Asperg bei Stuttgart wurden Sammellager eingerichtet, wohin die von der Kriminalpolizei verhafteten Sinti und Roma am 16. Mai 1940 eingeliefert wurden. Von dort fuhren die ersten Deportationszüge mit den Sinti- und Roma-Familien direkt in Zwangsarbeitslager im besetzten Polen. Nur wenige der Deportierten sollten die Befreiung Europas vom Nationalsozialismus erleben.