Delegation jugendlicher Sinti und Roma auf Berliner Jugendkongress 2009

Am 23. Mai 1949 trat das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Diesen bedeutenden Jahrestag stellte der Jugendkongress des „Bündnisses für Demokratie und Toleranz“ (BfDT) thematisch mit dem Motto „Deutschland in bester Verfassung?!“ in den Mittelpunkt seiner diesjährigen Aktivitäten. Rund 450 Jugendliche zwischen 16 und 24 Jahren hatten vom 21. bis zum 25. Mai 2009 die Gelegenheit, sich in Berlin zu vielfältigen spannenden Themen auszutauschen, Anregungen für ihr örtliches Engagement für Demokratie und Toleranz mit nach Hause zu nehmen und neue Kontakte zu knüpfen.

Auf Einladung des Bündnisses nahm – wie bereits in den beiden vorangegangenen Jahren – auch in diesem Jahr eine Gruppe von neun jugendlichen Sinti und Roma im Alter zwischen 15 und 23 Jahren an dem Kongress teil. Die Organisation und Leitung der Teilnahme am Kongress oblag der Leiterin des Referats Dialog, Anita Awosusi. Fünf Tage lang setzte sich die Gruppe des Dokumentations- und Kulturzentrums engagiert in Workshops und Diskussionsforen mit den demokratischen Werten auseinander, die im Grundgesetz manifestiert sind. Als einen besonders spannenden Programmteil erlebte die Gruppe der Sinti- und Roma-Jugendlichen den Workshop „Antiziganismus gestern und heute“. Er wurde durch Vermittlung des Dokumentationszentrums von den beiden Referentinnen sowie Isidora Randjelovic und Tayo Awosusi, die beide der Minderheit der Sinti und Roma angehören, konzipiert und geleitet. Unter Einbeziehung der rund 35 Teilnehmenden, die sich interaktiv auf die Suche nach den Wurzeln des Antiziganismus begaben, zeigten die Referentinnen in ihrem Workshop konkrete Beispiele des Rassismus gegenüber den Sinti und Roma auf. So wurde z.B. über die historischen Hintergründe des nationalsozialistischen Völkermords an den Sinti und Roma diskutiert und zugleich die bis heute bestehenden „Zigeuner“-Stereotype in den Medien, im Internet und in der Gesellschaft beleuchtet. Zum Abschluss wurde gemeinsam im Plenum über Möglichkeiten und Strategien zur Überwindung von Rassismus und Antiziganismus diskutiert.

Auch am „Bürgerfest zum Tag des Grundgesetzes“ am 23. Mai nahm die Gruppe der Sinti- und Roma-Jugendlichen teil. In unmittelbarer Nähe zum Brandenburger Tor hatten die nationalen Minderheiten am Zelt des Bundesinnenministeriums einen Info-Stand eingerichtet. Dort standen die Jugendlichen und die Gruppenleiterin für Fragen und Diskussionen zur Geschichte und Gegenwart der Sinti und Roma zur Verfügung. Am Nachmittag des Veranstaltungstages kam es dort zu einem Zusammentreffen mit dem Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, dem der musikalische Beitrag der Sinti und Roma auf der Veranstaltungsbühne besonders gut zusagte. Zum Abschluss des mehrtätigen Jugendkongresses nahm die Gruppe des Dokumentationszentrums am zentralen Festakt zur Feier des Grundgesetzes teil. Im Rahmen des Festaktes wurde zum inzwischen neunten Mal der Preis des Bündnisses „Botschafter der Toleranz“ für vorbildliches zivilgesellschaftliches Handeln an engagierte Initiativen und Einzelpersonen vergeben. Unter den fünf Preisträgern befand sich in diesem Jahr die „Roma-Gadje-Initiative – Dialog durch Freiwilligendienst“ aus Hannover. Das Ziel der im Jahr 2003 gestarteten Initiative liegt darin, den Dialog zwischen Sinti, Roma und Nicht-Roma zu fördern. In Form von Freiwilligendiensten soll die Situation von Roma in Europa verbessert und das Bewusstsein für ihre Lebenssituation, die immer noch von Ausgrenzung und Diskriminierung geprägt wird, geschärft werden. Deshalb verfolgt die „Roma-Gadje-Initiative“ zwei Ziele: Zum einen die Förderung eines Netzwerks junger Roma, zum anderen die Bewusstseinsbildung für deren Probleme. Zentraler Ansatz dabei ist die gleichberechtigte Partnerschaft von Roma und Nicht-Roma bei der Entwicklung und Gestaltung des Programms.

An dem gesamten Projekt nehmen 25 Organisationen aus ganz Europa und den USA teil und tragen somit aktiv zur Völkerverständigung und zum Abbau von Rassismus und Gewalt bei. In Deutschland wird das Projekt wesentlich von den Evangelischen Freiwilligendiensten für junge Menschen GmbH, dessen Gesellschafter die Arbeitsgemeinschaft Evangelische Jugend (aej) und das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (DWEKD) sind, mitgetragen und -gestaltet. Die Freiwilligendienste, die überwiegend von jungen Menschen durchgeführt werden, dauern in der Regel ein Jahr. Sie sind in den Bereichen Umweltschutz, in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen sowie im pädagogischen Bereich angesiedelt. Meist arbeiten die Nicht-Roma in Mittel- und Osteuropa, während die Sinti und Roma in Westeuropa und in den USA tätig sind.