Europäischer Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma in Berlin an Thomas Hammarberg verliehen

Thomas Hammarberg, Menschenrechtskommissar des Europarats a.D., empfing heute den Europäischen Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma im Auswärtigen Amt in Berlin. Den mit 15.000 Euro dotierten Preis verliehen das Dokumentations- und Kulturzentrum und der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sowie die Manfred Lautenschläger Stiftung. Der mit 5000 Euro dotierte Sonderpreis ging an den rumänischen Journalisten George Lacatus.

Hammarberg, der das Amt als Menschenrechtskommissar bis zum 31. März 2012 inne hatte, betonte in seiner Dankesrede, dass Vorurteile gegen Roma nach wie vor weit verbreitet seien und Diskriminierung sowie Hassverbrechen befeuerten. Deshalb müssten gerade Politiker und Meinungsmacher stigmatisierende Rhetorik vermeiden. „Die Unterdrückung von Roma war immer das Produkt von Rassismus und Intoleranz“, so Hammarberg, es sei unsere Pflicht, „aus der Geschichte zu lernen und die furchtbaren Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen.“ Keine Minderheit dürfe jemals wieder kollektiv zum Sündenbock gemacht werden. In seiner im Februar 2012 erschienenen Studie schrieb Hammarberg: „Keine europäische Regierung kann von sich behaupten, die Menschenrechte von Roma gänzlich geschützt und durchgesetzt zu haben. Im Gegenteil, Diskriminierung und Antiziganismus sind weit verbreitet und verstärken Benachteiligung, Ausgrenzung, Segregation und Marginalisierung noch.“

Hammarberg habe sich, so Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, „in seinem Amt als Kommissar des Europarats für Menschenrechte den Schutz der Sinti und Roma vor rassistischer Gewalt und Ausgrenzung zu einer seiner Hauptaufgaben gemacht und verantwortliche Regierungen wie die internationale Gemeinschaft offen kritisiert.“ Er verkörpere damit, so Rose weiter, „Sinn und Zweck dieses Preises in ganz aktueller Weise.“

Der Journalist George Lacatus, Reporter bei Evenimentul Zilei, einer der auflagenstärksten Tageszeitungen Rumäniens, und Präsident der von ihm 2009 gegründeten Roma Journalists Association (RJA), setzt sich auf vielfältige Weise dafür ein, Stereotypen und Ressentiments gegenüber Roma in den rumänischen Medien zu beseitigen und die Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung von Journalisten in Roma-Fragen zu fördern. Die RJA, die rassistische Medienberichterstattung anzeigt, Journalismus-Kurse gibt und Kooperationspartner von Roma-NGOs bei Pressekonferenzen und Schulungen für Journalisten ist, „soll sich in Zukunft“, so Lacatus, „auch auf Hasskriminalität im Internet konzentrieren.“ Denn das Internet stelle gegenwärtig eine der gefährlichsten Plattformen dar, „um Rassismus zu verbreiten und Hass anzustacheln.“ Dr. Manfred Lautenschläger, Stifter des Preises, lobte: „George Lacatus hat erkannt, dass in einer undifferenzierten oder gar diskriminierenden Berichterstattung eine wesentliche Ursache für die Ausgrenzung der Sinti und Roma liegt – und er will das ändern.“

Romani Rose bezeichnete das Engagement der Preisträger als „von höchster politischer Bedeutung.“ Die gegenwärtige Situation in Europa, so Rose, sei Anlass größter Besorgnis, da die rechtsextremistische Gewalt in bedrohlicher Weise zunehme. Der 2007 ins Leben gerufene Europäische Bürgerrechtspreis soll einen Beitrag zur Wahrung der Bürgerrechte und der Chancengleichheit der Angehörigen der Sinti und Roma-Minderheiten in ihren jeweiligen Heimatländern in Europa leisten. Darüber hinaus soll er gleichzeitig ein Signal an politisch verantwortliche Stellen, Medien und gesellschaftliche Gruppen in Europa sein, gegen überkommene Klischees, Vorurteilsstrukturen und jede Form der Ausgrenzung vorzugehen.