Bei der Preisverleihung am 19. März 2019 betonten der Laudator Staatsminister Roth und weitere Redner die Bedeutung eines entschiedenen Eintretens gegen den Antiziganismus auf europäischer Ebene. „Manche sagen, man könne den Respekt einer Gesellschaft für Menschenrechte und Demokratie daran messen, wie mit Minderheiten umgegangen wird“, sagte der Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Michael Roth. Diesbezüglich, so Roth, sei er tief besorgt über Europa und Gesellschaft.
Dagegen würdigte er den Einsatz des slowakischen Staatspräsidenten Andrej Kiska, der sich in Zeiten, in denen Populisten und Nationalisten lauter werden und Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Homophobie zunehmen, für die Rechte von Roma in seinem Land einsetzt. Außerdem sprach Roth sich vehement für die Stärkung gesellschaftlicher und politischer Teilhabe von Sinti und Roma aus:
„Wir müssen sicherstellen, dass Europas größte Minderheit angemessen in Parlamenten und Regierungen auf verschiedenen Ebenen vertreten ist. Die Stimme der Roma gehört nicht an den Rand der Gesellschaft.“
Soziale Teilhabe und Chancengleichheit ist auch für den Laureaten, Präsident Andrej Kiska, ein zentrales Thema. Er sagte, dass trotz des Wohlstands europäischer Länder „zu viele Menschen hinterherhinken. Menschen, denen nicht die gleichen Möglichkeiten zur Verfügung stehen, wie den meisten von uns. Armut, Ungleichheit, Diskriminierung oder sogar Gewalt gegen gefährdete gesellschaftliche Gruppen zu bekämpfen, sollte unser oberstes Ziel sein.“ Roma-Minderheiten machen fast ein Zehntel der slowakischen Bevölkerung aus. Präsident Kiska sieht darin eine große Chance für sein Land:
„Das sind vierhundertausend Roma, die ein großartiges wirtschaftliches Potential in Bezug auf ihr Talent, ihre Arbeitskraft und als Verbraucher bilden.“
In Ländern wie Ungarn, der Slowakei oder Tschechien ist die Situation von Sinti und Roma auch heute noch besorgniserregend und es kommt immer wieder zu Gewalt gegen Angehörige der Minderheit. Darauf wollte die Jury mit ihrer Entscheidung, Präsident Kiska mit dem Europäischen Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma auszuzeichnen, in diesem Jahr den Fokus legen, wie Catharina Seegelken, Geschäftsführerin der Manfred Lautenschläger-Stiftung, erklärte.
Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma wollte die Kritik aber nicht auf diese Länder beschränken, sondern machte klar, dass in West- und Mitteleuropa eine Ächtung des Antiziganismus und eine reflektierte Position zur Geschichte und zu Minderheitenrechten bei führenden Politikern ebenfalls keineswegs selbstverständlich seien. So forderte der italienische Innenminister Salvini 2018, dass Sinti und Roma in Italien in einem sogenannten „Personenregister“ gesondert zu zählen und zu erfassen seien. Daher gelte es, so Rose, „dem strukturellen Rassismus, den es in vielen Institutionen, auch der Europäischen Union, gibt, geschlossen und entschieden entgegenzutreten“.
Auch die schwedische Europaabgeordnete und Co-Präsidentin der European Parliament Anti-Racism and Diversity Intergroup (ARDI), Soraya Post, betonte die Aktualität der Gefahr von Antiziganismus und Rassismus in Europa. Sie sagte:
„Hier müssen wir alle stark und deutlich sein und sagen, dass wir diesen Hass und diese Ausgrenzung nicht akzeptieren. Wir müssen die Normalisierung von Hass und Rassismus stoppen, bevor sie unsere Gesellschaften zerstört. Wir, die in Demokratie und Menschenrechte vertrauen, müssen uns gemeinsam erheben und die Rechte jedes Einzelnen schützen.“
Grußworte kamen von dem Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Rainer Wieland, der Direktorin des Hauses der Europäischen Geschichte, Dr. Constanze Itzel, und der EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung, Věra Jourová. Sie würdigten die Leistungen des Preisträgers Andrej Kiska und plädierten dafür, die Gleichstellung von Roma in Europa weiter voranzutreiben, die Menschenrechte von Minderheiten zu schützen und den Stimmen der Roma Gehör zu verschaffen.