Das Dokumentations- und Kulturzentrum und der gesamte Vorstand des bayerischen Landesverbandes trauern um den Verlust von Siegfried Heilig, der die Verbandsarbeit in Bayern als langjähriger stellvertretender Vorsitzender und Ehrenvorsitzender maßgeblich geprägt und unterstützt hat. Siegfried Heilig ist gestern Abend, am 25. Januar 2020, im Alter von 86 Jahren in Nürnberg verstorben.
„Siegfried Heilig hatte sich der Aufgabe gestellt, als Zeitzeuge aufzuzeigen, wohin Rassenideologie und Rechtsradikalismus führen. Mit dieser Arbeit reichte er die Hand zur Versöhnung und erwarb bei allen, die ihm begegnen durften, Respekt und Anerkennung für die Bürgerrechtsarbeit der Sinti und Roma. Ich bedauere es zutiefst, dass wir nun Abschied von Siegfried Heilig nehmen müssen, denn mit seinem Tod fehlt unwiederbringlich erneut eine wichtige Persönlichkeit unter den Sinti. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.“
Romani Rose
Siegfried Heilig wurde am 10. September 1934 in Bloensdorf (heute Ortsteil von Niedergörsdorf, Kreis Wittenberg) geboren und wuchs in Magdeburg auf. Seine Eltern und Großeltern waren selbständige Unternehmer mit einem Marionettentheater. Mit Himmlers Festschreibungserlass vom 17. Oktober 1939 wurde die Familie in einem Internierungslager in Magdeburg inhaftiert. Diese Lager dienten der Vorbereitung der bereits geplanten Deportationen. Für die Familie Heilig bedeutete dies den Verlust ihres Theaters.
Dank seiner Großmutter Anna Heilig, die ihn, seine Eltern und seine beiden Brüder in einem Packwagen versteckte, entkam er am 1. März 1943 den an diesem Tag erfolgten Deportation der Magdeburger Sinti und Roma in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Anna Heilig wurde dort ebenso wie zahlreiche andere Angehörige der Familie Heilig ermordet.
Der neunjährige Siegfried, seine Eltern und Geschwister überlebten die nächsten zwei Jahre bis zur Befreiung in Verstecken im Raum Brandenburg in ständiger Angst vor Entdeckung und Verhaftung.
Siegfried Heilig engagierte sich als Überlebender des Holocaust in hohem Maße in der Gedenkarbeit und als aktives Mitglied im Vorstand des bayerischen Landesverbandes. Über viele Jahre begleitete er am 2. August die Delegationen des Zentralrats zur internationalen Gedenkfeier nach Auschwitz-Birkenau. 2015 sprach er erstmals selbst als Holocaust-Überlebender bei der offiziellen Gedenkfeier in Auschwitz von seinen Erfahrungen als Kind. Für seinen unermüdlichen Einsatz als einer der letzten Zeitzeugen erhielt Siegfried Heilig im Jahr 2014 vom damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.