Europäischer Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma 2010 an Simone Veil

Am 16. Dezember 2010 vergaben die Manfred Lautenschläger Stiftung, der Zentralrat und das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma zum zweiten Mal den mit 15.000 Euro dotierten Europäischen Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma im Auswärtigen Amt in Berlin. Die Preisträgerin war Simone Veil. Erstmalig wurden im Rahmen der Preisverleihung auch zwei Sonderpreisträger ausgezeichnet.

Die französische Politikerin und ehemalige Präsidentin des Europäischen Parlaments, Simone Veil, erhielt die Auszeichnung für ihre herausragenden Verdienste um die rechtliche Gleichstellung der Sinti und Roma. Die Jury zur Verleihung des Preises ehrt Frau Veil für ihren vorbildlichen gesellschaftlichen und politischen Einsatz um die Anerkennung des nationalsozialistischen Völkermordes an den Sinti und Roma und ihren damit verbundenen Einfluss auf die Bürgerrechtsarbeit. Noch vor ihrem offiziellen Antrittsbesuch in Deutschland, nahm Simone Veil als Präsidentin des Europäischen Parlaments an der Gedenkkundgebung der Sinti und Roma im ehemaligen Konzentrationslager Bergen-Belsen im Jahr 1979 teil. In ihrer Rede betonte sie ihre uneingeschränkte Solidarität gegenüber den Sinti und Roma und ihre besondere Treue gegenüber allen Opfern der Nazigräuel. Den Kampf der Sinti und Roma um ihre Anerkennung als Opfer der rasseideologischen Verfolgung durch die Nationalsozialisten bezeichnete Veil als „Kampf für die Menschenrechte“. Mit dieser ersten europäischen Gedenkkundgebung und Simone Veils eindrucksvollen Rede wurde das öffentliche Bewusstsein für den Holocaust und das Leiden der Minderheit in der Zeit des Nationalsozialismus geschaffen. Dies war eine wesentliche Voraussetzung für die Bürgerrechtsarbeit der Sinti und Roma sowie für die spätere Anerkennung des Völkermordes an den 500.000 Sinti und Roma im nationalsozialistisch besetzen Europa durch die Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl.

Im Rahmen des Europäischen Bürgerrechtspreises wurden erstmalig auch zwei Sonderpreise vergeben. Mit diesen Auszeichnungen, die jeweils mit einer Summe von 5.000 Euro dotiert sind, wurden Angehörige der Minderheit für ihr Engagement und ihren Mut bei den Bemühungen für eine gesellschaftliche Gleichstellung von Sinti und Roma geehrt. Die Sonderpreisträger waren die ungarische Menschenrechtlerin Ágnes Daróczi und eine Jugendgruppe aus dem tschechischen Ostrava.Ágnes Daróczi erhielt den Sonderpreis für ihre herausragenden Verdienste als Menschenrechtlerin, Journalistin und Wissenschaftlerin. Sie wurde für ihr mutiges Engagement geehrt, vor dem Hintergrund der akuten Bedrohungslage für die Roma-Minderheit in Ungarn öffentlich gegen aktuelle Formen des gewaltbereiten Rassismus vorzugehen und damit ein gesellschaftspolitisches Signal zu setzen. Durch ihre Bildungs- und Kulturarbeit hilft sie nicht nur, die Chancen auf Gleichstellung der Minderheit in Ungarn zu verbessern, sondern sensibilisiert auch die Öffentlichkeit für den nationalsozialistischen Völkermord an den Sinti und Roma. Andrea Bandyová, Denisa Bandyová, Lukáš Bodek, Monika Bongilajová, Petr Danko, Katrin Dzurková, Denisa Holubová , Sabrina Holubová, Helena Kocková, Julius Mika, Denisa Miková, Nikola Pechová, Michaela Podraná, Martin Pokuta, Kristýna Rácová, Veronika Šindelárová, Roman Suchý und Zina Vanerková erhielten die Auszeichnung für ihre Courage und ihr Engagement, sich öffentlich gegen Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen in der Tschechischen Republik zur Wehr zu setzen. In dem sie ihr Recht auf Gleichbehandlung bei der Schulbildung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erfolgreich eingeklagt haben, schufen sie einen Präzedenzfall, der künftig eine diskriminierende Behördenpraxis gegenüber Sinti und Roma in anderen europäischen Mitgliedsstaaten des Europarates zu unterbinden hilft.

Der 2007 ins Leben gerufene Europäische Bürgerrechtspreis soll einen Beitrag zur Wahrung der Bürgerrechte und der Chancengleichheit der Angehörigen der Sinti und Roma-Minderheiten in ihren jeweiligen Heimatländern in Europa leisten. Darüber hinaus soll er gleichzeitig ein Signal an politisch verantwortliche Stellen, Medien und gesellschaftliche Gruppen in Europa sein, gegen überkommene Klischees, Vorurteilsstrukturen und gegen jede Form der Ausgrenzung vorzugehen.Weitere Informationen finden Sie unter www.buergerrechtspreis.de und www.civilrightsprize.com