Neuer Vermittlungsansatz: Biografische Koffer ergänzen die ständige Ausstellung

In Anwesenheit des Holocaust-Überlebenden Jovi Richter sowie Familienangehörigen und Gästen wurden am 28. September neun Koffer mit Lebensgeschichten von verfolgten Sinti und Roma in der ständigen Ausstellung eröffnet.

In einem alten Koffer sind zahlreiche Gegenstände, darunter Familienbilder, Bücher und ein Strauß aus Sonnenblumen. Im Deckel des Koffers sind ein Bild von Ceija Stojka und biografische Informationen angebracht.
Geschichtskoffer von Ceija Stojka (Foto: Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma/Lars Kehrel)

Mit biografischen Texten, Fotos, Dokumenten und einer Vielzahl mit Videointerviews verknüpfter haptischer Elemente sind sie Kindern und Jugendlichen gewidmet, die in der NS-Zeit verfolgt wurden und überlebten: Herbert Ricky Adler, Else Baker, Max Birkenfelder, Adolf Heilig, Krystyna Gil, Jovi Richter, Ceija Stojka und Zoni Weisz. Ein Koffer steht symbolisch für die große Mehrheit der Kinder, die Opfer des Holocaust wurden. Er dokumentiert die Geschichte von 200 Jungen, die im September 1944 von Buchenwald nach Auschwitz deportiert und dort fast ausnahmslos ermordet wurden.

Damit wird die Dauerausstellung um eine biografische Ebene erweitert und ein einzigartiger musealer Vermittlungsansatz erprobt. Die in alten Koffern präsentierten Objekte, Fotos und Dokumente sind anfassbar. Lebensgeschichten werden auf diese Weise sinnbildlich greifbar.

Neben Überblickstexten können Sequenzen aus Zeitzeugeninterviews abgerufen werden. Diese erläutern die Bedeutung der Objekte und die dahinterstehenden Geschichten. Die eher unkonventionelle Präsentationsform trägt dem Wunsch vieler Jugendlicher, aber auch von älteren Besucherinnen und Besuchern Rechnung, Geschichte nicht nur aus der Distanz betrachten zu können, sondern sie erkunden, anfassen und quasi „an sich heranlassen“ zu können.

Die Inhalte der biografischen Koffer dienen dabei nicht nur als Exponate, sondern zugleich auch als Arbeitsmaterialien für eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Ausstellung sowie den Akzenten „entdecken“, „forschen“ und „reflektieren“. In Vorbereitung ist zudem ein Workshopangebot für Jugendgruppen ab 2023.

Für die Nutzung der Koffer werden mobile Endgeräte (Smartphones oder Tablets) mit einer App zum Lesen von QR-Codes sowie Kopfhörer benötigt. Dies ermöglicht den Zugriff auf zahlreiche Sequenzen aus Zeitzeugeninterviews über das kostenfreie WLAN-Netz in der Ausstellung.

Eine Person scannt mit einem Handy einen QR-Code.
Auf weitere Inhalte der Koffern kann über QR-Codes zugegriffen werden (Foto: Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma/Lars Kehrel)