Beim Bündnis „Gemeinsam Zeitzeugenschaft im Generationswechsel begegnen“ treffen sich Angehörige der Sinti und Roma mit jüdischen Familien

Die Problematik der verschwindenden Zeitzeugen ist ein für die Erinnerungskultur zunehmend wichtiges Thema. Angesichts der Tatsache, dass immer weniger unmittelbar von der nationalsozialistischen Verfolgung betroffene Überlebende noch unter uns weilen, wird die Auseinandersetzung mit den Erfahrungen der Nachfolgegenerationen umso wichtiger.

25 Menschen unterschiedlichen Alters bei einem Gruppenfoto vor der Jüdischen Kultusgemeinde in Heidelberg.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops vor der Jüdischen Kultusgemeinde Heidelberg (Foto: Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma)

Das Bündnis „Gemeinsam Zeitzeugenschaft im Generationswechsel begegnen“ unter der Federführung des Heidelberger Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma bringt nun erstmalig Überlebende der beiden NS-Völkermorde an den Sinti und Roma und Jüdinnen und Juden, sowie deren Nachkommen aus mehreren Generationen zusammen. Dieses Projekt wird über das Programm „Lokale Bündnisse für Überlebende von NS-Verfolgung in Deutschland“ von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ)“ gefördert.

Zum Kennenlernen haben sich nun fast 20 Frauen und Männer bei einem ersten Workshop in der Jüdischen Kultusgemeinde Heidelberg getroffen. Die älteste Teilnehmerin ist 83 und die jüngste 17 Jahre alt. „In einem geschützten Rahmen wollen wir den Austausch der beiden Gruppen ermöglichen und dadurch einen neuen Zugang zur geschichtlichen Aufarbeitung schaffen“, erläutert Projektkoordinator Alexander Dohayman vom Dokumentationszentrum. Etwa zwei Drittel der Teilnehmenden gehören der jüdischen Gemeinde an, ein Drittel zählt zu den Sinti und Roma. Dabei wurde schnell deutlich, dass beide Gruppen gern mehr über die ihnen noch unbekannte Geschichte und Kultur ihrer Gesprächspartner erfahren möchten.

„Die Teilnahme ist außerdem mit dem Wunsch verbunden, Stereotype abzubauen, Diskriminierung bereits in der Schule zu vermeiden sowie Antisemitismus und Antiziganismus gemeinsam zu bekämpfen“, berichtet Alexander Dohayman. Zum Abschluss des ersten Treffens führte der Heidelberger Rabbiner Janusz Pawelczyk-Kissin die Besucher kenntnisreich durch die Synagoge und beantwortete zahlreiche Fragen zur jüdischen Religion und ihrer Ausübung.

In den kommenden Monaten sind weitere Zusammenkünfte mit unterschiedlichen Schwerpunkten geplant. Im Vorderrund steht aber zunächst der Austausch in einer gleichermaßen geschützten und ungezwungenen Atmosphäre und damit ein gegenseitiges Kennenlernen und Näherkommen. Die Teilnehmenden entscheiden über die zu besprechenden Themen.

Ein weiterer Workshop mit Dr. Kurt Grünberg zur „Transgenerationalen Tradierung eines extremen Traumas“ findet am Sonntag, 24. Juli, wiederum in der Jüdischen Kultusgemeinde Heidelberg statt. Herr Dr. Grünberg spezialisiert sich auf dem Forschungsgebiet „Psychosoziale Spätfolgen der nationalsozialistischen Judenvernichtung in Deutschland“ sowie „Szenisches Erinnern der Shoah“ am Frankfurter Sigmund-Freud-Institut, ist ebenfalls an dem Projekt beteiligt und gibt eine Einführung in das Konzept des „Szenischen Erinnerns der Shoah“ am Beispiel einer Videoaufnahme, welche die Gruppe anregen soll, sich aktiv mit eigenen Erfahrungen einzubringen.

Weitere Bündnispartner sind die Jüdische Kultusgemeinde Heidelberg, der Verein Mosaik Deutschland, das Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg, die „Heidelberger Lupe – Verein für historische Forschung und Geschichtsvermittlung“ sowie die Theaterpädagogin und Schauspielerin Nedjma Schreiner.

An dem Projekt interessierte Personen, die eventuell auf ehrenamtlicher Basis mitwirken möchten, können sich gerne bei dem Projektkoordinator Guilhem Zumbaum-Tomasi melden: zumbaum-tomasi@sintiundroma.de.

Pressekontakt

Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma
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